25. Mai 2011 Redaktion Bleiberecht Bern

Die erfolgreiche Geschichte des Rechts auf Ablehnung

Eine neue Revision des Asylgesetzes ist in Planung. Ein Blick auf die Geschichte der Schweizer Ablehnungspolitik.

1938 
Nazideutschland versieht Pässe jüdischer Bürger_innen mit einem J-Stempel. Die Schweiz verweigert daraufhin Flüchtlingen mit J-Pässen die Einreise.

1942 
Die Schweizer Grenze wird dichtgemacht. Flüchtlinge werden an der Grenze zurückgewiesen und den Nazis überlassen. 

1951 
Die UNO verabschiedet in Genf die Internationale Flüchtlingskonvention. 
1955 Die Schweiz tritt der Genfer Flüchtlingskonvention bei, ratifiziert die dazugehörigen Protokolle allerdings erst 1967. 

1956 
Nach der Niederschlagung des ungarischen Volksaufstands durch die Sowjets nimmt die Schweiz kollektiv ca. 10‘000 ungarische Flüchtlinge auf. 

1968 
Nach dem Prager Frühling nimmt die Schweiz kollektiv 11‘000 tschechoslowakische Flüchtlinge auf. 

1970 
Die Schweiz stimmt über eine Beschränkung des Ausländer_innenanteils auf 10% ab. Die Schwarzenbach-Initiative wird – mit 46 Prozent Ja-Stimmen – vom damals noch rein männlichen Stimmvolk abgelehnt. 

1973 
In Chile wird der sozialistische Präsident Salvador Allende durch einen Militärputsch entmachtet. Die Schweiz will erst nur 200 sozialistische Flüchtlinge aus Chile aufnehmen. Das Kontingent wird nur auf öffentlichen Druck hin erweitern. 

1974 
Die Volksinitiative «gegen Überfremdung und Überbevölkerung» scheitert an der Urne. 

1976 
Nach dem Militärputsch in Argentinien verweigert die Schweiz kollektive Aufnahmen. Jedes argentinische Asylgesuch wird einzeln überprüft. 

1977 
Die zweite «Überfremdungsinitiative» scheitert an der Urne. 

1981 
Die erste Schweizer Asylgesetz (AsylG) tritt in Kraft. Es stützt sich auf die Genfer Flüchtlingskonvention. Die Flüchtlinge erhalten kein Grundrecht auf Asyl, sondern müssen ein Individualverfahren bestehen. 

1984 
Das erste Revision des AsylG tritt in Kraft. Zur Kürzung der Verfahren wird bei «offensichtlich unbegründeten» Gesuchen auf eine Befragung verzichtet, die zweite Beschwerdeinstanz wird abgeschafft und Internierungsmöglichkeiten für abgewiesene Asylsuchende werden eingeführt. 

1988 
Die zweite Revision des AsylG tritt in Kraft. Gesuche können nur an einem der 25 vorgesehenen Grenzübergänge eingereicht werden. Die «Ausschaffungshaft» wird ausgebaut. Die Revision wird in einer Volksabstimmung mit einer Zweidrittelmehrheit angenommen. Abgewiesenen Asylsuchenden wird ein R-Stempel für «retour, refusé, respinto» in den Pass gedruckt. 

1990 
Die dritte (Teil-)Revision des AsylG tritt in Kraft. Alle Asylsuchenden werden «erkennungsdienstlich» behandelt. Das dreimonatige Arbeitsverbot wird auf sechs Monate ausgedehnt. Als erstes Land in Europa führt die Schweiz die «Safe-Country-Regelung» ein, auf Gesuche von Personen deren Herkunft als «sicher» eingestuft werden, wird nicht eingetreten. 

1995 
Das „Bundesgesetz über die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht“ tritt in Kraft. Folgende Neuerungen werden eingeführt: Vorbereitungshaft (Internierung für drei Monate), Ausschaffungshaft (bis zu neun Monate), Gebietssperren. Kinder ab fünfzehn Jahren werden wie Erwachsene behandelt, Wohnungen können durchsucht werden, wenn die Polizei darin illegale Flüchtlinge vermutet. 

1996 
Die SVP-Initiative «gegen die illegale Einwanderung» wird abgelehnt, doch 47 Prozent befürworten, illegal Eingereisten grundsätzlich kein Asyl zu erteilen und das Einkommen von Asylsuchenden durch den Bund zwangsverwalten zu lassen. 

1997 
Die Armee wird eingesetzt, um an der Südgrenze illegal Einreisende zu verhaften. 

1999 
Die vierte (Total-)Revision des AsylG tritt in Kraft. Es gelten keine Gerichtsferien mehr; Flüchtlinge, die im Flughafen ein Asylgesuch stellen, können ausgeschafft werden, bevor ihr Anwalt informiert wird. 

2000 
Die 18 Prozent-Initiative wird abgelehnt. Der Initiant Philipp Müller, FDP, wollte den Ausländeranteil in der Schweiz auf 18 Prozent beschränken. 

2002 
Die SVP-Initiative «gegen Asylrechtsmissbrauch» wird an der Urne knapp abgelehnt. Der Inhalt dieser Initiative wird in der 5. Asylrevision aufgenommen. 

2004 
Ein Bundesbeschluss revidiert das AsylG zum fünften Mal. Wenn in einem EU-Staat bereits ein abgelehntes Asylgesuch vorliegt, wird in der Schweiz auf ein Asylgesuch grundsätzlich nicht mehr eingetreten. Nichteintretensentscheide (NEE) können neu bereits innerhalb von 10 Tagen nach Einreichung des Gesuchs gefällt werden. Die Beschwerdefrist wird von 30 auf 5 Tage reduziert. Asylsuchende mit NEE werden von der Sozialhilfe ausgeschlossen. 

2007/2008 
Die sechste Revision des AsylG tritt in Kraft. Alle Personen mit einem negativen Asylentscheid werden von der Sozialhilfe ausgeschlossen. Das Fehlen eines Identitätsbelegs führt grundsätzlich zu einem NEE, die Vorbereitungsund Ausschaffungshaft wird von einem auf zwei Jahre verlängert. Es kann neu eine Durchsetzungshaft von bis zu 18 Monaten für Erwachsene und bis zu 12 Monate für Minderjährige ab 15 Jahren verhängt werden. 

2009
Die Minarett-Initiative der SVP wird angenommen. Muslim_innen wird in der Schweiz das Recht auf Religionsfreiheit beschnitten. Neu dürfen keine Minarette mehr gebaut werden. 

2010 
Die Ausschaffungsinitiative der SVP wird angenommen. Drogenhandel, Einbruchs-, Gewalts-, Tötungsoder Sexualdelikte wie auch Sozialhilfemissbrauch führen bei Ausländer_innen automatisch zur Ausschaffung. 

Artikel mit ähnlichen Themen:
Loading ...