1. Mai 2015 Redaktion

Editorial

Liebe Leser_innen!

An vielen Orten herrscht Krieg, Ausbeutung, Arbeitslosigkeit, diktatorische Länder zwingen die Menschen zur Flucht. Die europäischen Länder nennen die Geflüchteten ein Problem, sehen aber kein Problem darin, an der Ausbeutung der Länder, aus denen die Menschen flüchten, teilzuhaben. Und wenn die ausgebeuteten Länder eine Demokratie installieren wollen, werden sie gestürzt. Entweder soll Europa die Geflüchteten willkommen heissen, denn es trägt eine Mitschuld an der Flucht der Menschen, oder es soll die Länder in Ruhe lassen, damit sie eine Demokratie schaffen können. Westliche Demokratiemissionen mit Bomben und neoliberalen Strukturanpassungsprogrammen haben keine Demokratie, aber umso mehr Leid und Zerstörung gebracht.

Die aktuelle Ausgabe der Papierlosen Zeitung hat die zentrale Absicht zu fragen: Warum flüchten Menschen? Was sind die politischen und sozioökonomischen Zusammenhänge von Flucht? Und: Wie reagiert die Schweiz auf die Migration von unten? Repression gegen Migrant_innen, rassistische Polizeikontrollen, diskriminierende Gesetze zeigen, dass es nicht die Barbar_innen sind, die kommen, sondern dass Europa selbst barbarisch geworden ist.

Die Papierlose Zeitung ist ein Produkt der Autonomen Schule Zürich. Die Zusammensetzung aller, die an der Zeitung mitgewirkt haben, kann als buntscheckiger Haufen mit und ohne Aufenthaltsbuchstaben bezeichnet werden. Das ist kein Abfeiern der Verschiedenheit, der Differenz, kein Diversity Management, kein interkultureller Dialog. Wir sind alle unterschiedlich und unsere Erfahrungen in der heutigen Gesellschaft sind sehr ungleich. Das sollte klar sein und nicht im Zentrum stehen, denn die Bedeutung der Unterschiede ist in keiner Weise stabil. Wir sind schwarz und braun, Männer und Frauen, schwul und hetero, Christen und Muslime, aber diese Frage ist vielleicht weniger von Bedeutung als die Frage, ob wir arbeitslos sind, ein Strafregister haben oder uns in Gefahr einer Abschiebung befinden. Das Gemeinsame entsteht durch «eine Analyse, eine Bewusstwerdung der spezifischen Gesellschaft, der spezifischen Sorgen, der spezifischen Tode, die anderen geschehen, die, gemeinsam, diese Zeit und diesen Raum teilen – ein Raum so gross wie die Erde und eine Zeit so aktuell wie diese» (Susan Buck-Morss).

Für eine Gesellschaft der Solidarität, Gleichheit und Gerechtigkeit – viel Spass beim Lesen!

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