25. Juni 2011 Redaktion Bleiberecht Bern

Editorial

Zur Ausgabe 3/2011

Heute, am 25.06.2011, findet in Bern das Festival Gekommen um zu bleiben statt. Auf eine festliche und künstlerische Art und Weise soll auf die alltäglichen Probleme und Möglichkeiten der Migrant_innen in der Schweiz aufmerksam gemacht werden. Das Berner Bleiberecht-Kollektiv hat sich mit dieser Sonderausgabe der Papierlosen Zeitung zum Ziel gesetzt, sowohl den globalen als auch den schweizerischen migrationspolitischen Kontext, in dem dieses Festival stattfindet, abzustecken. Denn unterschiedliche globale Entwicklungen deuten zur Zeit darauf hin, dass eine neue Phase der weltweiten Migrationspolitik eingeläutet wird. 

Die sozialen und demokratischen Revolten im Arabischen Raum haben die Politik der Externalisierung von Kontrollen der Migrationsströme an die Aussengrenzen der Europäischen Union (in Libyen, Marokko etc.) vor neuen Herausforderungen gestellt. Täglich ist in den Nachrichten zu lesen, dass ein «MenschenTsunami» die EU-Grenzen erreicht. In der Tat beläuft sich die Zahl der Flüchtlinge, die aufgrund der Ereignisse in Nordafrika die italienische Insel Lampedusa erreicht hat, auf 40‘000 Menschen. Seit Anfang Jahr haben etwas mehr als 600 Flüchtlinge die Schweiz erreicht – eine äusserst geringe Zahl verglichen mit der Lautstärke der politischen Aufschreie gegen die Flüchtlinge aus Nordafrika. 

Anfang Mai 2011 erschien ein neuer Bericht zu den flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit. Neun Jahre nach der Einführung der Personenfreizügigkeit zwischen der EU und der Schweiz ist festzustellen, dass – zusammen mit einer Abschottungspolitik gegenüber Angehörigen von nicht EU-Staaten – ein System der Produktion billiger Arbeitskräfte entstanden ist. Die betroffenen Migrant_innen leben meist ohne Rechte und hängen von den Bedürfnissen der Unternehmen ab, die sie im Niedriglohnsektor einsetzen. 

Schliesslich erscheinen in den politischen Debatten um Wohnund Lebensraum und um die energetischen Grenzen der Schweiz die Migrant_innen wieder einmal als «schwarze Schafe». Eine Initiative der Vereinigung Umwelt und Bevölkerung (Ecopop) will die NettoMigrationsquote begrenzen, um die «dramatische Überbevölkerung» in der Schweiz zu stoppen und die hiesige Lebensqualität zu garantieren. Mensch glaubt sich in einer Neuauflage der Überfremdungsinitiative, in der die «das Boot ist voll»-Rhetorik – auch wenn mit anderen Argumenten – wieder an Aufschwung gewinnt. 

Wir hoffen, mit dieser Sonderausgabe der Papierlosen Zeitung eine politische Debatte in Gang setzen zu können, die uns hilft, gegen Rassismus und Ausbeutung zu kämpfen – ein noch heute notwendiger Kampf.

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