7. Februar 2013 Anonym
Gedanken eines abgewiesenen Asylbewerbers in einer besonders schwierigen Situation.
Alles kommt mir vor wie ein Traum, der nicht erfüllt werden soll.
Alle Leute denken, Europa sei wie der Himmel auf Erden, aber das stimmt nicht. Meine Reise nach Europa habe ich voll Hoffnung und mit Begeisterung angetreten. Ich hoffte auf ein besseres und ruhigeres Leben in Sicherheit. Das Leben in der Schweiz ist so viel anders als in meinem Heimatland. Hier in der Schweiz gibt es Gelegenheit, Arbeit zu bekommen, Sicherheit zu haben und sich integrieren zu können – aber nur, wenn man eine Bewilligung dazu hat! Ohne Bewilligung kann man nicht an der Gesellschaft teilnehmen.
Ich hatte damals Pläne von einer eigenen Familie mit Kindern. Nun hat sich alles geändert! Mein Leben ist geprägt von Angst, weil ich meine Zukunft nicht kenne. Ich werde irgendwo und überall von der Polizei kontrolliert, gerade, wie es die Polizeibeamten wollen. Ruhe und Sicherheit gibt es nicht einmal im Heim, wo wir leben. Auch dort werden wir immer wieder von Polizeibeamten kontrolliert.
Ich lebe in einem kleinen Raum, mit vier Leuten aus verschiedenen Ländern mit verschiedenen Kulturen und Sprachen. In diesem Containerhaus gibt es keine Privatsphäre. Wir alle sind abhängig vom Sozialamt, damit wir unser Essen kaufen können. Durch den ständigen Stress und die Angst leiden viele an Kopf- und Bauchschmerzen, an Schlaflosigkeit und anderen körperlichen Beschwerden. Ein Leben ohne Ausbildung, ohne Arbeit und fehlender Sicherheit macht mir Angst. Ich denke immer, mein Leben sei wertlos und ich hätte keine Perspektive.
Obschon ich so viele Probleme habe, finde ich das Paradies in der Schule und im Deutschunterricht. Ich treffe dort Leute in der gleichen Situation wie ich und wir helfen einander. In der Schule vergesse ich ein bisschen meine Probleme und den alltäglichen Stress. Die Autonome Schule ist für mich wie ein Zuhause. Ich bin total integriert in der Schule, nehme an den Aktivitäten der ASZ teil wie am Schulbüro, an den Sportanlässen und den Sitzungen. Ich freue mich, dass ich nun bereits Deutsch lesen, sprechen und schreiben kann.
Ich gebe meine Hoffnung auf ein besseres Leben nicht auf – mit oder ohne Aufenthaltsbewilligung: das Leben geht weiter. Ich kämpfe immer noch dafür, ein lebenswertes Leben zu haben. Am Ende träume ich nicht mein Leben, ich lebe meine Träume. Die Hoffnung stirbt zuletzt: Vielleicht gehen meine Wünsche doch noch in Erfüllung …