1. Mai 2015 Duygu Dursun
Frau zu sein heisst kämpfen
Frau zu sein heisst produzieren
Frau zu sein heisst sich bemühen
Frau zu sein heisst beleben
Von Europa nach Afrika, von Asien nach Amerika und Ozeanien, auf allen fünf Kontinenten der Welt gibt es 206 Länder, in denen das Frausein von den patriarchalischen Köpfen und Systemen erschwert und die Frau gezwungenen wird, im Schatten des Mannes zu leben.
Was dieses patriarchalische System hegt und sogar bis heute stärkt, ist die Religion. Auch die Frau klammert sich fest an sie, obwohl die Religion sie verachtet. Besonders in den monotheistischen Religionen gibt es viele klare Angaben, die den Rahmen umreissen, innerhalb dessen die Frau leben soll. In diesem Rahmen wird der physisch stärkere Mann als stärker angesehen.
Die Heiligen Bücher äussern sich klar über die Position der Frau in der Religion:
Aus dem Koran:
Sure 4 – Die Frauen (an-nisa`) Vers 34:
«Die Männer sind den Frauen überlegen wegen dessen, was Allah den einen vor den andern gegeben hat, ... Die rechtschaffenen Frauen sind gehorsam und sorgsam in der Abwesenheit (ihrer Gatten).»
Sure 2 – Die Kuh (al-baqara) Vers 223:
«Eure Frauen sind euch ein Acker.»
In der Bibel und im Talmud wird der Mann als Gottes Bild und Ehre beschrieben:
«Denn der Mann ist nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann. (1.Mose 2.21-22) Und der Mann ist nicht geschaffen um der Frau willen, sondern die Frau um des Mannes willen.» (1. Mose 2.18)
1. Korinther – Kapitel 11: Die Frau im Gottesdienst
«Der Mann aber soll das Haupt nicht bedecken, denn er ist Gottes Bild und Ehre; die Frau aber ist des Mannes Ehre.»
Aus dem Babylonischen Talmud, Pesachim Fol. 111a:
«Drei lasse man nicht durch die Mitte zweier Personen gehen, auch gehe man nicht durch ihre Mitte, und zwar: der Hund, die Palme und die Frau.»
So haben die Religionen jahrhundertelang das Rollenbild der Frau und des Mannes in der patriarchalischen Gesellschaft legitimiert. Alle drei monotheistischen Religionen haben eines gemeinsam. Sie platzieren die Frau an der zweiten Stelle nach dem Mann, als wäre das selbstverständlich. Damit legitimieren sie die männliche Kontrolle über die Frau und ihren Körper. Die so konstruierte Position der Frau in der Religion beeinflusste nicht nur gläubige, sondern auch ungläubige Menschen. Ein bekannter Schriftsteller, der sich als Atheist bezeichnete, schrieb folgendes:
Arthur Schopenhauer – Über die Weiber
«Dass das Weib, seiner Natur nach zum Gehorchen bestimmt sei, gibt sich daran zu erkennen, dass eine jede, welche in die ihr naturwidrige Lage gänzlicher Unabhängigkeit versetzt wird, alsbald sich irgend einem Manne anschliesst, von dem sie sich lenken und beherrschen lässt; weil sie eines Herrn bedarf.»
Es gab und gibt immer noch Männer, die sich auf Religionen stützen, um die Frauen zu verachten bzw. zu diskriminieren. Dass die Frau in der Gesellschaft wichtige Funktionen einnimmt oder in der gleichen Position sein kann, stört diese Männer unglaublich. Deshalb wurden Frauen wie Rosa Luxemburg, Clara Zetkin, Emmeline Pankhurst und viele andere in ihrem Kampf gegen die patriarchalische und frauenverachtende Mentalität wiederum von Männern belächelt.
Die Tatsache, die diese Vorkämpferinnen begreifen mussten, war, dass die Religionen ein Instrument sind, damit die herrschende Klasse in der Klassengesellschaft die Macht behält und diese auch legitimiert. Mit dem gleichen Instrument wurde in der Geschichte auch das Rollenbild der Frau konstruiert, wie Joseph Conrad einst sagte: «Gott ist für Männer und die Religion für Frauen.»
Während dem Matriarchat hatten die Frauen meist nur gegen die Natur zu kämpfen. Nun sind sie gezwungen, mehrere Kämpfe gleichzeitig zu führen, einzig und allein aus dem Grund, weil sie Frauen sind: Frauen kämpfen gegen patriarchalische Köpfe, gegen Arbeitgeber_innen, gegen das ganze kapitalistische, neoliberale System, für die Selbstbestimmung über ihren Körper, für ein menschenwürdiges Leben und für ihre Freiheit. Diese Kämpfe sind gegen die männliche Mentalität gerichtet, die das System bestimmt und die Religionen dazu benutzt, die Frau zu unterdrücken, sie zu belästigen, zu vergewaltigen und ihr Leben mit Hass zu erfüllen.
Der Kampf der Frau gilt dem Traum einer liebevollen Welt, in der die Frau frei ist. Die Freiheit der Frau wird die Welt retten, und die Frauen werden die Welt umarmen.
Übersetzung von Çağdaş Akkaya