1. Februar 2011 Raphael Jakob

Härte statt Härtefallbewilligung

Karikatur: Oger

Seit genau einem Jahr beurteilt die vom Kanton Zürich eingesetzte Härtefallkommission Gesuche. Die Bilanz ist ernüchternd.

Nach der Besetzung der Predigerkirche im Winter 2008/2009 liess der unter Druck geratene Regierungsrat Hans Hollenstein eine sogenannte unabhängige Kommission bilden, angeblich um die Entscheidungen des Migrationsamtes breiter abzustützen. Sowohl die Linke wie auch die Kirche und Hilfswerke haben dies begrüsst. Nach ersten Auswertungen steht fest, dass die Härtefallkommission nur jedes sechste der von ihr behandelten Gesuche zur Annahme empfiehlt.

Seit 2007 haben die Kantone die Möglichkeit, Menschen mit einem negativen Asylentscheid eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Die Vorraussetzungen dafür sind: Fünf Jahre Aufenthalt in der Schweiz, wobei der Aufenthaltsort den Behörden immer bekannt gewesen sein muss, und eine fortgeschrittene Integration. Doch die Kantone haben aufgrund der «Kann-Bestimmungen» einen enormen Ermessensspielraum.

Der Kanton Zürich stellt sehr hohe Anforderungen bezüglich Deutschkenntnissen, Teilnahme am Erwerbsleben und Leumund. Doch selbst wenn diese Anforderungen auf hohem Niveau erfüllt sind, besteht für gut integrierte abgewiesene Asylsuchende keine Garantie, die Aufenthaltsbewilligung zu erhalten. Im Gegenteil. Es sind Fälle bekannt, bei denen das Migrationsamt die gute Integration in zynischer Art und Weise als gute Rückkehrgrundlage ausgelegt hat, ganz nach dem Motto: Wenn der Gesuchsteller sich hier so gut integrieren kann, wird er ja sicher kein Problem haben, in seinem Heimatland wieder Fuss zu fassen. Und das Deutschdiplom, das er in der Schweiz erworben hat, stelle dort, wo er herkommt, eine berufliche Ressource dar.

Als Folge der Kirchenbesetzung 2008/09 nahm der öffentliche Druck auf Regierungsrat Hans Hollenstein wegen der im Landesvergleich sehr restriktiven Härtefallpraxis des Kanton Zürich zu. Seine harte Hand hinter christlicher Rhetorik versteckend, missionierte er für die Bildung einer Härtefallkommission, die ihm bei der Beurteilung der Gesuche beratend zur Seite stehen sollte. In der Kommission sitzen Vertreterinnen und Vertreter der kantonalen Fachstelle für Integrationsfragen, der kantonalen kirchlichen Körperschaften und Hilfswerke. Die Zahlen nach einem halben Jahr Härtefallkommission schockieren. Von 31 Gesuchen empfiehlt die Kommission bloss 5 zur Annahme. Und davon gehen nur zwei nach Bern. Egal wie die Kommission die Gesuche beurteilt, Hans Hollenstein fällt letztlich die Entscheidung. Somit stellt dieses Gremium die demokratische Legitimierung der fremdenfeindlichen Politik des Migrationsamtes und der Regierungsrates des Kantons Zürich dar. Sie ist das Feigenblatt, das eine menschliche und differenzierte Beurteilung suggeriert, in Tat und Wahrheit aber gleich neben den rechten Hardlinern steht. Sie ist das Abbild der humanitären Schweiz, die Waffen und Rot-Kreuz-Vertreter in ein und dasselbe Kriegsgebiet schickt.

Wo bleibt die öffentliche Empörung?

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