Papierlosezeitung
Themen
Widerstand
Migration Schweiz
Festung Europa
Fluchtgründe
Kunst & Philosophie
Zeitung bestellen
Spenden
Über uns
Mail
t
f
i
2. Juli 2019
Katharina Morello und Milad Perego
Schluss mit Putzen
1 «Ich heisse Lejla, ich kam vor fünf Jahren in die Schweiz. Wegen der Liebe. Meinen Mann habe ich an der Universität in Makedonien getroffen. Wir sind beide aus Kosova. Seine Familie lebt aber seit dem Krieg in der Schweiz. Nach der Uni haben wir in meinem Heimatdorf geheiratet. Danach ging Fidan zurück in die Schweiz. Ich musste fast ein Jahr warten, bis es mit meinen Papieren klappte.» «Fidans Eltern habe ich erst hier kennengelernt. Sie putzen abends Büros und tagsüber in privaten Häusern. Meine Hilfe war sehr willkommen.»
2 «Ich hätte gern eine andere Arbeit. Leider nützt mir hier mein Diplom nichts. Ich habe Recht studiert, weil ich Anwältin werden und Menschen helfen wollte. Putzen ist keine schlechte Arbeit. Aber beim Putzen lerne ich kein Deutsch. Die Schweizerinnen sind sofort weg, wenn ich komme. Es ist ein Teufelskreis: Ohne Deutsch stellt mich niemand ein. Ich bin niemand, ich putze nur.»
3 «Wir haben jetzt eine Tochter. Sie ist meine ganze Freude. Sie lernt Deutsch auf dem Spielplatz. Ich lerne nur: Grüezi und Wiegaats.»
4 «Manchmal fühle ich mich so allein. Wie eingesperrt in einer engen Schachtel. Mitten in der Schweiz und doch ausserhalb. In solchen Momenten würde ich am liebsten mein Kind nehmen und zurück nach Kosova.»
5 «Luana kommt jetzt in den Kindergarten. Sie übt seit Monaten. Malen. Schneiden. Lesen. Luana heisst: Löwin. Ich bin sehr stolz auf sie. Am zweiten Tag kam Luana weinend heim. Das Nachbar mädchen will nicht mit ihr den Weg zum Kindergarten gehen. Sie hat sie gestossen. WARUM?»
6 «Ich kann die Nachbarin nicht fragen, was los ist. Jetzt MUSS sich etwas ändern – oder ich gehe zurück nach Kosova. Ich bin doch die LöwinMUTTER!»
7 «Ich habe meinen ganzen Mut zusammengenommen und eine ältere Frau, bei der ich putze, um Hilfe beim Deutsch lernen gefragt. Sie war früher Lehrerin. Sie hat Ja gesagt. Dank meiner Tochter bin ich aufgewacht und dank meiner Lehrerin doch noch in der Schweiz angekommen. Heute arbeite ich in einem Altersheim als Hilfspflegerin. Wenn ich etwas sehe, was nicht richtig ist, bringe ich es zur Sprache. Eine Bewohnerin sagt mir immer: Lejla, Sie sind hier meine MenschenRechtsanwältin!»
Previous
Next
Ein Fotoroman
Arbeit
Familie
Feminismus
Frauenkampf
Migration
Diplom
Artikel mit ähnlichen Themen:
02. 07. 2019
Frauengruppe ASZ
Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter
Gewalt gegen Frauen ist ein Problem, das es überall auf der Welt gibt. Migrierte Frauen sind davon oft mehrfach betroffen. Der …
19. 12. 2020
Larissa Tschudi
Heimat existiert nur in meinem Kopf
Was ist Heimat? Das ist eine grosse Frage. Für migrierte Menschen ist es noch komplizierter, darauf eine Antwort zu finden. Mahdi …
28. 05. 2020
Lucia für die Frauen*gruppe
Häusliche Gewalt und Härtefallpraxis
Das Aufenthaltsrecht von Migrant*innen, die über Familiennachzug in die Schweiz kommen, ist an den Zivilstand gebunden. Trotz …
28. 05. 2020
Redaktion
«Das Schweizer Gesetz macht mich zum Illegalen»
K. lebt seit 17 Jahren ohne Bewilligung in der Schweiz. Ein Gespräch über das Leben als Sans-Papiers
24. 02. 2014
Frauengruppe ASZ
Wir nehmen uns Raum!
Stimmen aus der Frauengruppe der ASZ
01. 05. 2015
Sabera Wardak
Dein Diplom ist das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben wurde
Cookies used to ensure you get the best experience.
OK
Loading ...